Alltag

Heute möchte ich euch ein bisschen von meinem Alltag erzählen, damit ihr eine genauere Vorstellung davon bekommt, was in der Regel auf mich zukommt, wenn ich morgens aus dem Bett hüpfe. Oder besser gesagt krieche, da ich ja wirklich nicht gerade ein Morgenmensch bin.

-          6:30 Uhr Mein Wecker klingelt, je nachdem wie laut meine Klospülung diesmal wieder sifft, bin ich auch schon früher wach.
Ich mache mich auf den Weg in Lukas Apartment um zu frühstücken (vor allem meinen Kaffee) und mich dann fertig zu machen.

-          7:30 Uhr Pünktlich wie die Maurer stehe ich da und warte auf meinen Kollegen Godlove, der ja auch mein Nachbar ist. Godlove ist für einen Kameruner auch sehr pünktlich (manchmal steht er schon vor mir da, manchmal sind es nur 5 Minuten Verspätung)
Wir machen uns gemeinsam auf den Weg zum Eingang unserer Straße und warten auf Fidel, unseren Bikedriver und guten Freund, der uns jeden Morgen zur Arbeit fährt und abholt. Auch Fidel ist meist nur so um die 10 Minuten zu spät dran und strahlt uns jeden Morgen mit einem Lächeln entgegen. Ein fröhlicher Mensch am Morgen, glücklicherweise hatte ich ja schon meinen Kaffee.

-          7:50/8:00 Je nachdem wann Fidel uns abgeholt hat, sind wir dann endlich an der Arbeit, der ISTP Nursey School Ntamulung, angekommen. Hier werde ich erst einmal von allen meinen Kolleginnen herzlich begrüßt (Nur Kolleginnen, da mein einziger männlicher Kollege Godlove ist). Ich schreibe mich in unser Buch ein, dass eigentlich wie ein Arbeitszeitzettel oder eine Stempelkarte funktioniert. Es wird darauf notiert, wann ich komme und wann ich gehe, beides mit einer Unterschrift versehen.
Die Kinder begrüßen mich auch sehr begeistert und gehen dann aber schnell wieder zu ihrem Spiel über. Sie nutzen die zwei Räume frei und spielen bis der Unterricht losgeht.

-          8:45/9:00 Wir startet langsam mit dem Unterricht. Meistens beginnen wir mit allen Kindern in einem Kreis, welcher mit fast 50 Kindern meist etwas zu groß für einen Raum wird. Dann singen wir bestimmte Lieder (viele mit einem religiösen Hintergrund) und laufen im Kreis. Spätestens nach 10 Minuten löst sich der Kreis auf und es geht im grandiosen Chaos für die Kinder in ihre Klassenräume.
Es gibt in der Nursey School 2 Klassen, zum einen die Nursey 1 und zum anderen die Nursey 2. Die Kinder sind hier unter verschiedenen Kriterien aufgeteilt. Nicht nur das Alter spielt eine Rolle, sondern auch die Leistung/ das Verständnis bei einigen Lessons. Zu diesem Thema werde ich aber später noch kommen. Zu erwähnen wäre aber noch, dass die Nursey School vom Alter her einem Kindergarten gleicht, das heißt, die Kinder sind zwischen 2 und 6 Jahren.
Dann startet meist eine Unterrichtseinheit. Diese dreht sich in den ersten Wochen noch um Farben und Formen. Den Kindern werden die Formen nähergebracht und sie sollen auf kleine Tafeln Linien zeichnen, die ihnen später dabei helfen, die Form komplett zu zeichnen. Ich will hier nichts beschönigen, denn ich finde, dass Kinder nicht dazu in der Lage sind, in diesem Alter solche abstrakten Formen auf eine Tafel zu malen und es auch nicht sein müssen (Zumindest nicht die unter 4 Jährigen) und auch der Unterricht wird hier sehr ernst genommen. Die Lehrer gehen von Tisch zu Tisch und schauen sich an, was die Kinder gezeichnet haben. Dann wird es wiederholt, bis man erkennt, dass eine Verbesserung vorliegt. Diese Zeichnungen werden dann abgehackt, mit einem Smilie dekoriert und auf ein Regal gestellt bis zum nächsten Tag. Für mich ist es eine wahnsinnige Umstellung und meist zum Haareraufen. Diese Kinder sollten eigentlich frei spielen und wenn sie eine Aktivität haben, dann doch bitte etwas, dass ihr Interesse weckt und sie sich austoben können. Aber genug gemotzt, denn man muss hier noch einmal klar sagen, dass die ISTP Schule wirklich sehr anders ist zu anderen Kamerunischen Schulen. Es gibt hier keinerlei Gewalt gegenüber Kindern und der Unterricht beschränkt sich auf 1-2 Aktivitäten am Tag. In anderen Nursey Schulen sieht der Tag dann schon anders aus und gleicht mehr wie einem Unterricht in Grundschulen. Außerdem geben sich die Lehrer wirklich Mühe, die Formen und Farben auch mit Alltagsmaterialien, als Anschauungsobjekt, zu zeigen.

-          10:30 Uhr und ich bin total erledigt. Es ist wahnsinnig anstrengend diesen ganzen Haufen zu bändigen, wenn die meisten Kinder hier so leise vor sich hin nuscheln, dass ich 10 mal Nachfragen muss, was sie denn wollen. Aber jetzt ist erst einmal Essenspause angesagt und danach gehen alle Kinder in den Garten um eine Stunde im Freien zu spielen.

-          12:00 Uhr Der Unterricht geht weiter und ich versuche die Kinder zum Reingehen zu bewegen, was auch mal hinterherrennen bedeutet, den Kindern bereitet das aber natürlich immer viel Freude. Wenn dann alle Kinder wieder auf ihren Stühlen sitzen (leider nicht auf dem schönen Teppich, um einfach nur zu spielen) geht die zweite Aktivität los, diesmal evtl. Buchstaben wie a und b. Meist ist hier aber auch schon die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder komplett erschöpft und einige schlafen auf den Tischen ein.

-          13:00 Uhr Die Eltern holen ihre Kinder und ich mache mich an das Aufräumen der Klassenzimmer.

-          13:15-13:30 Uhr Endlich nach Hause. Fidel holt uns ab und ich sitze erschöpft zwischen den zwei kamerunischen Jungs auf dem Bike und passe auf nicht einzuschlafen.

-          14:00 Uhr Ein Kaffee, ein Buch und erst einmal entspannen, oder wie der Kameruner sagen würde: Resten. Resten ist in Kamerun sehr wichtig und ich genieße das richtig. Jeder nimmt sich die Zeit nach der Arbeit um sich einfach mal hinzulegen, auszuruhen und sich selbst zu spüren, bevor es wieder nach draußen geht. Meiner Meinung nach sollte das ganz schnell in den deutschen Alltag integriert werden: 1 Stunde Resten am Tag!

-          15:00-17:00 Uhr In dieser Zeit kommen meine Mitbewohner nach Hause. Ich mache vielleicht meine Laundrey (Wäsche waschen) oder wir gehen noch einkaufen (an der Straße bei unserer Obstmutti oder der Gemüsemutti) und diskutieren, was es denn zu Essen gibt. Hartnäckig kochen wir immer noch für uns selbst und sind noch nicht der Versuchung erlegen, uns abends etwas an der Straße zu holen. Hier stehen viele Frauen mit kleinen zusammengebastelten Ständen und verkaufen Beans und PuffPuff, Spaghettiomlett mit oder ohne fried Potatoes und vielem mehr. Und dies für unschlagbar günstige Preise. Und ab und zu gönnen wir uns dann doch auch, besonders wenn wir von einer längeren Reise zurückkommen oder den ganzen Tag unterwegs waren. Aber wir kochen dann doch zu gerne.

-          17:00-20:00 Uhr Meist kommt jetzt noch ein kamerunischer Freund vorbei (Mit oder ohne Ankündigung) und wir reden und trinken ein Bier, während meist 2 von uns in der Küche handwerkeln. Und dann gibt es ein großartiges Essen (nein ich übertreibe nicht, wir probieren viel aus und das meiste schmeckt hervorragend).


-          20:00 Uhr-… Jetzt wird noch der Abend genossen, ob zu Hause oder in einer der Bars in unserer Junction (unserem Viertel). Und irgendwann geht es dann in die Heia.

Ein Teil meiner neuen kamerunischen Familie

See you later, alligator!

Kommentare

  1. Wie schön, von dir wieder zu lesen, Carla, und einen besseren Einblick in deinen Tag zu bekommen. Du siehst sehr glücklich aus auf dem Bild - die Zeit dort scheint dir gut zu bekommen :-) Genieße weiterhin jeden Tag dort.
    LG. Susanne

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  2. Hallo Carla. Sehr schön zu lesen. Es ist schön zu lesen wie dein Tag abläuft. Ich freue mich dich so glücklich zusehen. Jetzt bist du schon so lange weg. Ich freue mich darauf mehr von dir zu erfahren. Ich freue mich aber noch mehr darauf wenn du wieder nachhause kommst und uns alles erzählst. Ich bin sehr gespannt. Dicker Kuss von uns 3. LG

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