Abschiede

Jetzt ist es bald so weit, ich steige in den Flieger und starte in eine neue und aufregende Zeit.
Noch kann ich es kaum fassen, meine gewohnte Umgebung werde hinter mir lassen, genauso wie Freunde und Familie. Ein komisches Gefühl zu wissen, dass man in einer Woche nicht mehr jeden Morgen in der eigenen Wohnung aufwacht. Und diese Vorbereitung mit dem Packen und letzte Besorgungen, das alles ist sehr anstrengend und macht mich manchmal etwas wahnsinnig.
Die letzten Wochen waren für mich gesäumt mit tränenreichen und gleichzeitig freudigen Abschieden.

Der erste große, traurige Abschied kam für mich etwas unerwartet. Es war der Abschied von meinen neuen Freunden, meine Mitfreiwilligen von  "Brot für die Welt".
Anfang Juli startete das Ausreiseseminar in Berlin für alle Freiwilligen von Brot. Wir werden entsendet in 5 verschiedene Länder: Costa Rica, Georgien, Kambodscha, Sambia und Kamerun. Zu Beginn gab es nur eine Frage, die jeden zu interessieren schien: "Wohin gehst du?" Natürlich! Wir wollten alle erfahren mit wem wir ein Jahr im selben Land verbringen würden.
In der großen Gruppe wurden wir von unseren Teamern langsam einander vertraut gemacht und das auch unabhängig von unseren Ländergruppen. So dauerte es nicht lange und wir sahen uns nicht mehr nach Ländern sortiert, sondern als eine Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Ziel. Wir sind die neuen entwicklungspolitischen Freiwilligen von Brot und wir wollen zum interkulturellen Austausch beitragen.
Das Seminar von "Brot für die Welt", dass uns Freiwillige auf unseren Auslandseinsatz vorbereiten sollte, war breit gefächert. In verschiedenen Einheiten lernten wir einiges im Umgang mit fremden Kulturen. Es war ein austauschorientiertes Seminar, in dem viel Wert darauf gelegt wurde unsere Meinungen zu erfahren. So waren wir es, die viel über andere Länder, Sitten, Gebräuche und Religionen erfahren haben. Aber "Brot" ließ uns auch die Möglichkeit die Themen und die Methodik zu kritisieren.
Besonders interessant fand ich die Seminareinheiten "Kolonialismus und Entwicklungszusammenarbeit" und "Gender". In der Einheit Kolonialismus ging es vor allem darum zu erkennen, wann und wo Kolonialisierung statt gefunden hat.
In Entwicklungszusammenarbeit wurden wir dazu aufgefordert diesen Bereich durchaus kritisch mit all seinen Vor- und Nachteilen zu betrachten. Man sieht natürlich in der Entwicklungszusammenarbeit, dass trotz all der Mühen die Gleichberechtigung herzustellen, es immer noch der Norden ist, der das Geld hat und entscheiden kann, wofür er es einsetzt. Und so steht immer der globale Norden am Drücker. Auf der anderen Seite ist diese Entwicklungszusammenarbeit ja auch dazu da, den Menschen die Augen zu öffnen. Wenn wir auf dieser Welt weiter einen Platz haben wollen, müssen wir an einem Strang ziehen. Es geht nicht, dass der globale Norden auf den Schultern des globalen Südens seinen Reichtum genießt, während in anderen Ländern die Menschen für unsere ignorierende Haltung bestraft werden. So merken wir z.B. von dem Klimawandel nicht viel, in Afrika jedoch verschiebt sich die Regenzeit immer mehr oder fällt teilweise seit bis zu 2 Jahren aus und die Ernten der Bauern gehen kaputt. So steht ganz Afrika vor einer der größten Hungersnöte jemals.
In der Einheit "Gender" ging es größtenteils über die Rolle der Frau in den speziellen Ländern, wie diese gesetzlich festgelegt ist und wie es in der Realität tatsächlich ist. In Kamerun ist es z.B. so, dass die Frau von ihrem Mann erben kann, jedoch nur, wenn sie sich bereit erklärt einen Mann aus seiner Familie zu ehelichen. Genauso darf eine Frau durchaus ein Geschäft besitzen und arbeiten und auch einen Kredit erhält sie an der Bank, jedoch kann ihr Mann mit nur einer Unterschrift alles wieder beenden. Denn er hat das Recht dazu.Wenn man das ließt, könnte man denken, Kamerun lebt noch im Mittelalter. Geht man jedoch in der deutschen Geschichte zurück, muss man erkennen, dass es bei uns noch nicht so lange her ist, als ähnliche Gesetze herrschten. Bis 1977 (Das ist nur 40 Jahre her) musste ein Mann seine Zustimmung geben, wollte eine Frau arbeiten. Und Männer und Frauen sind noch immer nicht in einer vollkommen gleichgestellten Position.
Also wie ihr seht, ich hatte viel zu erfahren in diesem Seminar. Doch es bereitete mich nicht nur auf mein Jahr vor, sondern brachte mich mit Menschen in meinem Alter zusammen, die ähnliche Ansichten und Werte in dieser Welt haben. Ich schloss in diesen intensiven 2 Wochen Freundschaften, die für mich sehr viel bedeuten. Allein dafür lohnt sich die Ausreise mit BfdW für mich schon.
Freiwillige von "Brot für die Welt 2017/ 2018"

Der nächste große Abschied kam dann zu Hause. Ein Brunch mit Einigen der "Naturfreunde Schwarzbachtal" fand bei mir zu Hause statt. Die Naturfreunde aus Helmstadt sind große Unterstützer meines Jahres in Kamerun. Am Helmstadter Sauerkrautmarkt (16.08.17) werden sie einen großen Bücherflohmarkt, Spielsachen und sonstige Flohmarktartikel anbieten. Der Gewinn wird Projekten in Afrika zugute kommen. Ein Teil geht an ein Naturfreundeprojekt im Senegal zu Unterstützung einer Kinderkrippe, der andere wird für mein Projekt in Kamerun gespendet. 

Am 29.07.17 dann mein letzter Arbeitstag in der Krippe. Der Abschied von meinen Kleinen, den Arbeitskollegen und den Eltern fiel mir sehr schwer. Nach 4 Jahren der Zusammenarbeit verließ ich die Einrichtung mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Danke an alle, die mir die Arbeit mit ihrem freundlichen Wesen versüßt haben und mir so viel Vertrauen entgegen brachten. 

Vor einer Woche fand dann die große Abschiedsparty bei mir zu Hause statt, die meine Eltern für mich organisierten. Viele Freunde und Bekannte kamen und wir genossen gemeinsam das Fest bis in die späten Stunden am Lagerfeuer. Mich berührt es wirklich, wie viele Menschen mich unterstützen und sich, für das was ich tun werde, interessieren. Danke, dass ihr alle hinter mir steht!

Und jetzt bleibt mir noch ein Woche zu Hause um mich auf ein Jahr voller Abenteuer vorzubereiten. Die große Frage, was nehme ich von hier mit und was bleibt hier? Ich denke vor allem nehme ich mich selbst, mit meinen Fähigkeiten und Werten, und meine Lieben im Herzen mit und lasse Ballast zurück, der mich auf meinem weiteren Weg nur stören würde.

Bis bald dann aus Kamerun
See you later alligator!
Eure Carla

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